Veranstaltung: | 56. Landesversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Leitantrag |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesvorstand |
Beschlossen am: | 25.03.2023 |
Eingereicht: | 14.04.2023, 11:36 |
Antragshistorie: | Version 1 |
BÜNDNISGRÜNE Wirtschaftspolitik in Sachsen neu denken – mit Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Krisenfestigkeit in die Zukunft
Beschlusstext
Die Corona-Pandemie und die Energiepreiskrise stellten die sächsische Wirtschaft
vor große Herausforderungen, die nachwirken. Wir brauchen eine erfolgreiche
Wirtschaft mit resilienten und zukunftsfähigen Unternehmen in den
Schlüsselbranchen der Zukunft, um den Menschheitsaufgaben Klimaschutz und
Ökosystemerhalt auch hier in Sachsen wirksam begegnen zu können. Somit können
Menschen in Unternehmen gehalten, Arbeitsplätze gesichert und ausgebaut werden.
Das erhält die Wohlfahrt im Freistaat Sachsen. In den letzten Wochen und Monaten
haben die sächsischen Unternehmen große Anstrengungen unternommen, um die
kurzfristigen Auswirkungen des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges
gegen die Ukraine einzudämmen und sich zugleich zukunftsfest aufzustellen. Wir
BÜNDNISGRÜNE wollen die sächsische Wirtschaft dabei weiter unterstützen und ihre
politische Partnerin in Zeiten von Umbrüchen und Veränderungen sein. Das
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz arbeitet fortlaufend an der
akuten Krisenbewältigung, der Bewältigung der Energiepreiskrise und Eindämmung
der Preissteigerungen und stabilisiert damit unsere wirtschaftlichen Grundlagen,
die soziale Sicherheit und unseren Wohlstand. Zugleich stellt es mit zahlreichen
Initiativen die Weichen hin zu einer zukunftsfähigen und resilienten
Wirtschaftsstruktur. Wesentlich ist dabei, die Innovationsfähigkeit unserer
Wirtschaft zu erhalten und auszubauen. Daran wollen wir auch hier im Freistaat
Sachsen anknüpfen. Wir können auf eine jahrhundertelange Tradition innovativer
Unternehmen zurückblicken. Nach dem Umbruch der Wirtschaft als Folge der
Friedlichen Revolution und Wiedervereinigung Deutschlands haben sich in Sachsen
auch zahlreiche neue Unternehmen etabliert und beweisen sich erfolgreich auf dem
Weltmarkt. Mit ihren Visionen, ihrer Innovationskraft, ihrem Erfindergeist und
ihrer Ingenieurskunst werden sächsische Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur
Transformation hin zum klimaneutralen Wirtschaften leisten.
Grundsätze BÜNDNISGRÜNER Wirtschaftspolitik in Sachsen
Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch in seiner Würde und Freiheit.
Ziel BÜNDNISGRÜNER Wirtschaftspolitik ist es, Leitplanken für eine nachhaltige
und zukunftsfähige Wirtschaftsentwicklung zu geben und den Erhalt der
natürlichen Lebensgrundlagen für künftige Generationen zu sichern. Der Fokus
liegt heute insbesondere darauf, die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu
schaffen und zielführende Anreize zu entwickeln. Gute Arbeitsbedingungen,
stabile Arbeitsverhältnisse und chancengerechte wirtschaftliche Teilhabe sind
ebenso wichtige Bedürfnisse aller Beteiligten wie Grundbedingungen
gesellschaftlichen Zusammenhalts in unserem Land.
BÜNDNISGRÜNE Wirtschaftspolitik orientiert sich dazu an folgenden drei
Grundsätzen:
Der Nachhaltigkeit: Unsere Lebensweise und damit unser Wirtschaften darf die
Ressourcen unseres Planeten nicht länger überfordern. Der Raubbau an unserem
Planeten zerstört die Grundlage für nachhaltigen Wohlstand. Deshalb müssen die
tatsächlichen Kosten aller Produkte und Dienstleistungen für die gesamte
Gesellschaft, für kommende Generationen, das Klima und die Umwelt transparent
gemacht werden. Die großen ökologischen, sozialen und ökonomischen
Herausforderungen müssen dabei mit unterschiedlichen Lebensentwürfen und
–bedingungen der Menschen in Sachsen in Stadt und Land zusammen gedacht werden.
Dem gerechten Miteinander: Menschen wollen mitgestalten. Dabei geht es um die
Bedürfnisse des alltäglichen Lebens ebenso wie um gesellschaftliche Teilhabe.
Von dem Wohlstand, den wir als Gesellschaft hervorbringen, müssen die Menschen
angemessen profitieren. Dazu gehören die umfassende Sicherheit am Arbeitsplatz
ebenso wie durchgehende Entgeltgleichheit (der Geschlechter). Denn es sind die
Menschen, die mit ihrer Arbeitskraft und ihrer Kreativität erst die Grundlage
allen wirtschaftlichen Erfolges schaffen.
Der Krisenfestigkeit: Eine krisenfeste Wirtschaft ist eine wichtige
Voraussetzung für Wohlstand in der Zukunft. Resilienz bedeutet sowohl die
Unabhängigkeit von menschenrechtsverachtenden Staaten und Unternehmen als auch
adäquate Vorbereitung auf Folgen des Klimawandels, Schutz und Wiederbelebung
wichtiger Ökosysteme. Eine Wirtschaft, die auf der Nutzung von Erneuerbaren
Energien basiert, Wertschöpfung in der Region generiert und faire, stabile und
diversifizierte Lieferketten stärkt, ist widerstandsfähig gegen externe
Unsicherheitsfaktoren.
Unsere BÜNDNISGRÜNE Wirtschaftspolitik, die auf Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit
und Krisenfestigkeit setzt, füllt eine sozial-ökologische Marktwirtschaft mit
Leben und erhält gleichsam ihre gesellschaftliche Anerkennung. Dabei nehmen wir
alle Bereiche in den Blick: ob Handwerk, Industrie, Land- und Forstwirtschaft,
Energiewirtschaft, Handel oder den Dienstleistungssektor.
Herausforderungen für eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik
Eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik im 21. Jahrhundert muss die planetaren
Grenzen in den Blick nehmen. Klar ist: Nur eine intakte Erde mit guten Umwelt-
und Klimabedingungen ermöglicht ein dauerhaftes Angebot von Gütern. Der
ökologische Umbau unserer Wirtschaft ist bereits angelaufen. Für die
Unternehmen, für den Mittelstand und für das Handwerk braucht es jetzt
Verlässlichkeit und Planbarkeit. Denn nur Rahmenbedingungen, welche eine
Transformation zu nachhaltigen Produktionsweisen planbar machen, ermöglichen
profitable Innovationen. Die wesentlichen Herausforderungen sind dabei die
Umstellung unserer Energieversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien, die
Dekarbonisierung, die Steigerung der Ressourceneffizienz und -suffizienz und die
Etablierung eines modernen Kreislaufwirtschaftssystems. Eine zukunftsfähige
Wirtschaftspolitik gestaltet den Rahmen für den sozial-ökologischen Umbau
unserer Wirtschaft und trägt zugleich dazu bei, dass wir das kreative Potenzial
– vom sächsischen Handwerksunternehmen bis zum internationalen Startup – in
allen Teilen des Landes entfalten.
Fachkräftegewinnung und Umstieg auf Erneuerbare Energien als zentrale Ziele für
Wirtschaft und Gesellschaft
Die Fachkräftegewinnung und die gelingende Energiewende sind die größten
Herausforderungen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und
Sachsen. Der Fachkräftemangel ist in zahlreichen Branchen heute schon akut und
zeigt sich in Sachsen und den neuen Bundesländern besonders stark, auch weil das
hiesige Lohnniveau unter dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt. Für den
wirtschaftlichen Wohlstand in Sachsen wollen wir die Schlüsselbranchen der
sächsischen Wirtschaft – von Mikroelektronik über den Maschinenbau bis hin zu
Logistik und Zulieferindustrie – zukunftsfest machen. Zugleich soll die
Diversifizierung der sächsischen Wirtschaft durch das Gedeihen von bisher noch
kleineren Wirtschaftszweigen vorangebracht und entsprechendes Fachwissen in
Sachsen aufgebaut werden. Dies gilt insbesondere für jene Branchen, die im
Zentrum der Transformation zur Nachhaltigkeit stehen. Damit unsere Betriebe in
Sachsen auch in Zukunft erfolgreich arbeiten können, brauchen sie weiterhin
hochqualifizierte Fachkräfte von fachlich profilierten Universitäten und
Fachhochschulen, aus den unterschiedlichen Zweigen der beruflichen Ausbildung,
aber auch aus dem Ausland. Mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht ist ein erster
wichtiger Schritt getan: Die jahrelang bestehende Unsicherheit für Arbeitskräfte
hinsichtlich ihres Aufenthalts wird damit beendet. Dies gibt vor allem den
kleinen und mittelständischen Unternehmen die dringend benötigte Handlungs- und
Planungssicherheit und schafft positive Anreize für eine gelingende
Arbeitsmarktintegration. Zu einem inklusiven Arbeitsmarkt der Zukunft gehört
jedoch noch mehr. Zentral sind faire Arbeitsbedingungen einschließlich
angemessener Löhne und einer gestärkten Tarifbindung, ein gutes Umfeld für eine
hohe Frauenerwerbstätigkeit, Stärkung der dualen Berufsausbildung und eine
digitalisierte Verwaltung mit elektronischer Aktenführung. Die sächsische
Willkommenskultur sollte zudem neben der vereinfachten Anerkennung ausländischer
Abschlüsse und der Kommunikation in englischer Sprache auch Sensibilität
gegenüber alltäglichen Gepflogenheiten anderer Kulturen umfassen. Dazu gehört
insbesondere die entschlossene und wirksame Bekämpfung des gesellschaftlichen
und des strukturellen Rassismus in Sachsen, welcher derzeit dem Zuzug und der
Familiengründung von hochqualifizierten Fachkräften entgegenwirkt.
Ein moderner und inklusiver Arbeitsmarkt der Zukunft schafft zudem die
Voraussetzungen dafür, dass sich insbesondere Frauen mit ihren Ideen und
Projekten verwirklichen können. Dazu gehört neben einer Chancengerechtigkeit auf
dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, dem Abbau geschlechterstereotyper Berufswahl
und geschlechterungleicher Entlohnung auch die Verbesserung der Vereinbarkeit
von Erziehungs- und Pflegeaufgaben mit den beruflichen Anforderungen,
insbesondere für Alleinerziehende.
Zugleich müssen die Ausbildungsbedingungen in Sachsen ebenfalls verbessert
werden, um nachhaltig die Weichen für mehr Fachkräfte zu stellen. Dauerhaft
können nicht alle fehlenden Fachkräfte aus anderen Bundesländern oder dem
Ausland ersetzt werden. Auch im Freistaat müssen die Unternehmen ihrer
gesellschaftlichen Pflicht nachkommen und der sächsischen Jugend eine attraktive
betriebliche Ausbildung anbieten. Gelingen kann dieser Kurswechsel nur mit einer
umlagefinanzierten Ausbildungsplatzgarantie. Diese wird die Qualität und die
Anzahl der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildungen erhöhen, jungen Menschen
Planungssicherheit geben, Ausbildungen an sich attraktiver machen und
schlussendlich mehr Fachkräfte hervorbringen.
Die letzten Jahre haben deutlich gezeigt, dass gute Arbeitsbedingungen und faire
Löhne eine gute wirtschaftliche Entwicklung fördern. Die Zeiten, in denen man in
Sachsen mit niedrigen Löhnen als Standortfaktor werben konnte, sind längst
vorbei. Starke Gewerkschaften konnten in letzter Zeit gute Tarifverträge
abschließen. Wir setzen auf die Förderung guter Arbeitsbedingungen und auf die
Stärkung der Tarifbindung. Eine gelebte Sozialpartnerschaft ist der Grundstein
für eine erfolgreiche soziale und ökologische Marktwirtschaft.
Eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt des Wirtschaftsstandortes Sachsen
ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die Bundesregierung hat dazu bereits
ambitionierte Maßnahmen ergriffen und arbeitet an einer weiteren Beschleunigung.
Wir dürfen hier den Anschluss nicht verpassen, gerade vor dem Hintergrund, dass
die Europäische Union plant, die Solarproduktion Made in Europe wieder aufleben
zu lassen. Die Anlagen müssen installiert und gewartet werden, wodurch
zahlreiche neue Jobs entstehen werden, für deren regionale Verankerung wir Sorge
tragen wollen. Unter BÜNDNSIGRÜNER Regierungsbeteiligung haben wir im Freistaat
den Hebel umgelegt. Die gesetzlichen Weichen für den Ausbau der Erneuerbaren
Energien sind neu gestellt und Sachsen kann nun endlich vom Energiewende-
Schlusslicht zum Vorreiter werden. Für die erfolgreiche Umsetzung der
Energiewende gilt es nun insbesondere das Handwerk in einer partnerschaftlichen
Zusammenarbeit einzubinden.
Um diesen großen Herausforderungen zu begegnen, stehen uns folgende wesentliche
Handlungsfelder zur Verfügung, in denen Politik aktiv werden kann:
- Verlässliche Rahmenbedingungen
- Die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur
- Hohe Standards bei öffentlicher Vergabe und Förderung
VERLÄSSLICHE RAHMENBEDINGUNGEN
Die ökologischen Herausforderungen des Klimawandels können nur durch einen Markt
mit Ordnungsrahmen bewältigt werden. Wir setzen die Leitplanken für eine
durchdachte und ökologisch nachhaltige Wirtschaftspolitik ein, um innovativen
Wettbewerb zu fördern, Anreize für Eigeninitiativen zu geben und zugleich die
Zielrichtung ordnungspolitisch sicherzustellen. Damit schaffen wir den Raum, in
dem sich das kreative Potenzial unternehmerischen Handelns verantwortungsvoll
entfalten kann. Eine Entschiedenheit in den Zielen ermöglicht eine flexible,
lernfähige und innovationsoffene Umsetzung unserer Ziele der Nachhaltigkeit,
Gerechtigkeit, Effizienz und Krisenfestigkeit.
Kohleausstieg in Sachsen als ökonomische Realität
Klimaschutz und Kohleausstieg werden in den Regionen und vor Ort gestaltet.
Dennoch ist der Schutz unseres Klimas ein globales Thema. Für uns in Sachsen ist
daher ein funktionierender europäischer Rechtsrahmen zentral.
Im letzten Jahr gab es eine historische Einigung zwischen dem EU-Parlament und
den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Im Zentrum dieser Einigung steht
der europäische Emissionshandel, der eine absolute Menge an CO2 festlegt, die in
der Europäischen Union noch ausgestoßen werden darf. Dieser umfasst die Bereiche
der Energieerzeugung und der Industrieproduktion ebenso wie den Verkehrs- und
Gebäudebereich. Braunkohle als CO2-intensivster Energieträger ist jetzt schon
teuer, nur durch indirekte Subventionen noch rentabel. Kohlestrom wird in der
Zukunft immer teurer und unwirtschaftlicher werden. Der ökonomische Druck ist
hoch: Der Emissionshandel der EU wird auch in Sachsen zu einem Kohleausstieg
deutlich vor 2038 führen. Auch im Freistaat Sachsen wird unter BÜNDNISGRÜNER
Regierungsbeteiligung ein Paradigmenwechsel in einer jahrzehntelang stockenden
Energiepolitik eingeleitet: Wir wiesen schneller Flächen für Windräder aus, als
es das ambitionierte Bundesgesetz vorsieht. Um die Wettbewerbsfähigkeit der
sächsischen Wirtschaft zu sichern, gilt es die Realität des Energiemarktes zu
erkennen und Weichen für eine neue, auf Ökologie ausgerichtete Wirtschaft zu
stellen. Für einen geordneten Kohleausstieg bereits 2030 sind jetzt alle Hebel
in Bewegung zu setzen. Wir wollen, dass alle Akteur*innen, die in Sachsen die
Energiewende gestalten, Planbarkeit und Investitionssicherheit haben – von
Stadtwerken, Bürgerenergiegenossenschaften und Bürgerenergiegesellschaften über
Projektentwickler*innen für Windparks bis hin zu den Kommunen, die von den
Erlösen der Windanlagen in ihrer Region profitieren können.
In Sachsen ist der Strukturwandelprozess in vollem Gange: Der Umbau der
Kohleregionen ebenso wie die Transformation der Mobilitätsbranche. Diese
tiefgreifenden Veränderungen verlangen der sächsischen Wirtschaft und
Gesellschaft aktuell und in den kommenden Jahren besonderen Einsatz ab. Damit
der Wandel als Chance wahrgenommen werden kann, braucht es die Rahmenbedingungen
für innovative Arbeitsplätze, für zukunftsfähige Unternehmen und, was essentiell
ist, Rahmenbedingungen für die Menschen, die in den Strukturwandelregionen leben
oder ihre Perspektive in den Kohlerevieren sehen. Dazu gehört die Anbindung mit
Infrastruktur, ein attraktives Verkehrsangebot und leistungsfähige
Breitbandanschlüsse, die verlässliche Versorgung mit Erneuerbaren Energien und
die Sicherung des Wasserhaushaltes. Ebenso ist der Umgang mit den
Ewigkeitskosten des Braunkohleabbaus dringend zu klären. Für uns BÜNDNISGRÜNE
ist es zudem entscheidend, dass neben den Möglichkeiten, die die beiden
Großforschungszentren, das CTC im Mitteldeutschen Revier und das DZA im
Lausitzer Revier, bringen sollen, auch ausreichend Zuzugs- und
Bleibeperspektiven für Frauen geschaffen werden. Denn beim Strukturwandel muss
es auch darum gehen, dass die Arbeitsplatzsicherheit und die Arbeitsbedingungen
von Frauen und jungen Menschen verbessert werden, die wir in den Regionen halten
und zurückholen wollen.
Vor allem aber ist Transparenz, der Einbezug und die Beteiligung der
Unternehmen, Arbeitnehmenden sowie der Menschen vor Ort, dabei besonders von
jungen Menschen und Frauen, unerlässlich beim Umbau der regionalen
wirtschaftlichen Strukturen.
„Echte Preise“ heißt Berücksichtigung der Lebenszykluskosten
Der Preismechanismus ist das wesentliche dezentrale Element einer effizienten
Herstellung und Verteilung von Leistungen. Es ist jedoch notwendig, dass die
Preise auch die tatsächlichen für das Gemeinwohl entstehenden Kosten beinhalten.
Insbesondere die externalisierten Kosten, also alle in die Zukunft verlagerten
Kosten, soziale Kosten wie auch die Kosten für Klima und Umwelt wurden in der
traditionellen Preisbildung lange ignoriert, verdrängt oder von der Gesellschaft
getragen. Dies ist weder effizient noch nachhaltig, da die Folgen des
Klimawandels heute schon deutlich ans Tageslicht treten und auch finanziell zu
Buche schlagen. Es ist zentral, dass alle Kosten im Preis eines Produktes
berücksichtigt werden. Daher ist es auch so entscheidend, dass die CO2-
Bepreisung im nationalen oder europäischen Emissionshandel auf alle Sektoren
ausgeweitet wird. Wenn der Ordnungsrahmen so gesetzt ist, dass Preise alle
ökonomischen und gesellschaftlichen Kosten beinhalten, beginnt ein effizienter
CO2-Vermeidungswettbewerb als großer Treiber für Innovation und Nachhaltigkeit.
Gleichfalls gehört dazu eine klar demokratieorientierte Positionierung in der
Landespolitik und der Zivilgesellschaft. Es ist höchste Zeit für eine deutliche
Absage an demokratiefeindliche Unternehmerschaft, die in ihrer Raumnahme die
nationalistische, rechtsextreme Szene unterstützt und finanziert. Vielmehr muss
der Staat nach Jahren des Sparens soziale und zivilgesellschaftliche Strukturen
bedarfsgerecht finanzieren und seiner Verantwortung im ländlichen Raum gerecht
werden.
Finanzierungsrahmen und Steuern für eine krisenfeste Wirtschaft
Um die sächsische Wirtschaft krisenfest aufzustellen, braucht es heute und in
der Zukunft zielgerichtete öffentliche Investitionen. Die Höhe der staatlichen
Investitionen dürfen mit Blick auf ihre Innovationskraft nicht über- aber auch
nicht unterschätzt werden. Klar ist: Der öffentlichen Hand kommt die
Steuerungsfunktion zu, Investitionen gezielt in den Bereichen einzusetzen, die
von gesamtgesellschaftlichem Interesse sind. Dazu zählen etwa die Transformation
unserer Infrastruktur, die besten Bedingungen für gute Bildung in Sachsen oder
eine hinreichende Anschubfinanzierung für die grünen Technologien des 21.
Jahrhunderts und die Begleitung des Übergangs der sächsischen Unternehmen in die
dekarbonisierte Wirtschaft. Es muss uns durch kluge ordnungspolitische Maßnahmen
gelingen, private Investitionen anzustoßen, die am Ende auf das Ziel der
Nachhaltigkeit und Resilienz einzahlen.
Eine dogmatische Finanzpolitik darf nicht dazu führen, dass notwendige
Investitionen in die Krisenfestigkeit der sächsischen Wirtschaft auf der Strecke
bleiben. Es braucht daher eine moderne sächsische Finanzverfassung, die diesen
Aufgaben gerecht wird. Wir müssen den Freistaat in die Lage versetzen, in Zeiten
konjunktureller Abschwünge handlungsfähig zu bleiben und bestehende
Investitions- und Instandhaltungsstaus aufzulösen. Zudem ist der Freistaat
Sachsen in Krisenzeiten – wie der aktuellen Energiepreiskrise – in der
Verantwortung, seine Unternehmen zu begleiten und zu unterstützen. Wir
BÜNDNISGRÜNE wollen über die Anpassung der sächsischen Schuldenbremse im Rahmen
des Grundgesetzes einen konjunkturfesten staatlichen Einnahmerahmen
sicherstellen. Diesen braucht es für zwingend notwendige Investitionen in die
Zukunft, die langfristig zu planen und auszusteuern sind, ebenso wie für die
Handlungsfähigkeit in Krisenzeiten. Auch wenn es uns durch kluge Ordnungspolitik
gelingt, private Investitionen anzustoßen, sind Herausforderungen für den
Landeshaushalt zu erwarten. Hier gilt es durch entsprechende Prioritätensetzung
sowie permanente Aufgaben- und Organisationsevaluationen für die notwendigen
Rahmenbedingungen zu sorgen.
Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, die Diskussion über eine ökologische
Steuerreform, ergänzt um die soziale Dimension, auf Bundesebene wiederzubeleben.
Dabei geht es nicht nur um die Frage der Besteuerung hoher leistungsloser
Einkommen, sondern auch um die Sicherung der unternehmerischen
Investitionsfähigkeit. Zudem ist die steuerliche Abzugsfähigkeit klima- und
umweltschädlicher Ausgaben sowie die Rückführung entsprechender Subventionen in
den Blick zu nehmen. Über die klimagerechte Ausgestaltung direkter
Energiesteuern, die schädliche Emissionen mit steigenden Tarifen belasten, und
eine steuerliche Förderung von unternehmenseigenen Forschungen und
Entwicklungen, können wir die Wirtschaft nachhaltig und zukunftsfest aufstellen.
Sozial funktionsfähige Ortskerne und Innenstädte
Mit der Verlagerung von Handel und Dienstleistungen an den Stadt- oder Ortsrand
ist nicht nur ein gravierender Flächenverbrauch mit nachfolgenden teuren
öffentlichen Investitionen für Infrastrukturen verbunden, sondern auch ein
Verlust von Funktionen der Ortskerne und Innenstädte. Begleitet wird diese
Transformation durch eine Veräußerung von Liegenschaften unserer Innenstädte an
global agierende Fonds. Eine Ansprechperson oder gar ein lokales Interesse ist
gar nicht mehr festzustellen. Während die Ortskerne mühsam belebt werden, lokale
Handelskonzepte, wie Direktvermarktung, gefördert werden, gibt es für die
Innenstädte kaum Handhabe. Hier ist eine landespolitische Unterstützung in der
Absprache und mit baurechtlichen oder genehmigungspflichtigen Eingriffen ein
Handlungsrahmen für kommunale Akteure durchzusetzen. Die Uniformität der
Innenstädte braucht einen soziokulturellen Relaunch.
Kreislaufwirtschaft: Nachhaltigkeitsgarant mit Innovationskraft
Unsere Wirtschaftsweise baut aktuell auf einem enormen Ressourceneinsatz. Das
sind nicht nur Rohstoffe in einem Umfang, deren Exploration mit vielfältigen
ökologischen und sozialen Problemen verbunden ist, sondern insbesondere auch
Flächenversiegelungen. Unser Ziel ist klar: Um unsere Lebensgrundlagen auch für
zukünftige Generationen zu erhalten, ist es notwendig, unseren Verbrauch
primärer natürlicher Ressourcen auf ein Minimum zu reduzieren und nachwachsende
Rohstoffe höchstens in dem Maße zu verbrachen, wie sie sich regenerieren. Der
absehbaren Rohstoffverknappung setzen wir also eine intensive Förderung der
Kreislaufwirtschaft entgegen. Wir wollen bestehende Cluster weiter ausbauen und
innovative Produkte bis zum Markthochlauf unterstützen. Gleichzeitig sind
Stoffströme in unseren Produktionsketten zu schließen und die Nutzung von Rest-
und Abfallstoffen zu perfektionieren. Dies ist eine zentrale Voraussetzung für
die schrittweise Dekarbonisierung unserer Produktionsweise.
INFRASTRUKTUR FÜR EINE WIRTSCHAFTSPOLITIK DES 21. JAHRHUNDERTS
Eine gute Infrastruktur ist deutlich mehr als nur die sogenannte klassische
graue Infrastruktur der letzten Jahrzehnte. Unser BÜNDNISGRÜNES Verständnis von
Infrastruktur im 21. Jahrhundert schließt neben den verkehrspolitischen
Weichenstellungen auch die Verfügbarkeit Erneuerbarer Energien und den Ausbau
von Speicherkapazitäten, eine funktionierende digitale Infrastruktur sowie eine
exzellente und diversifizierte Forschungslandschaft in den Schlüsseldisziplinen
der Zukunft ein.
Wenn es um Gewerbeansiedlungen geht, bevorzugen wir BÜNDNISGRÜNE einen
strategischen Gestaltungsansatz. Wir warten nicht auf Unternehmen, die auf der
Suche nach der bestsubventionierten Produktionsstätte sind. Wir wollen vielmehr
die ökologischen, ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen dafür schaffen,
dass sich die Ideen der Menschen vor Ort unternehmerisch entfalten können.
Wir fördern daher gezielt die Ansiedlung von Unternehmen, die in einer für
Sachsen strategisch wichtigen Branche, z. B. der Solarindustrie, tätig sind oder
eine Lücke in einer regionalen Wertschöpfungskette schließen können. Dabei
unterstützen wir innovative Konzepte zur Energie- und Rohstoffversorgung der
Gewerbegebiete. Zudem reagieren wir frühzeitig auf die sich laufend verändernden
Standortbedingungen für den Wirtschaftsstandort Sachsen, etwa mit unserer Arbeit
für einen Industriestrompreis auf der Basis Erneuerbarer Energien nach Auslaufen
der derzeit geltenden Strompreisbremse.
Verkehrs- und Mobilitätswende als Chance für den Wirtschaftsstandort Sachsen
Die arbeitsteilige Organisation von Produktions- und Dienstleistungsprozessen
führt zu mehr Effizienz und einem verbesserten Ressourceneinsatz. Sie führt
allerdings auch dazu, dass zwischen Produzent*innen und Abnehmer*innen zum Teil
große Distanzen zu überwinden sind. Mit der privaten Mobilität führt dies
insgesamt dazu, dass der Verkehrssektor wesentlich zu Emissionen, allen voran
Schadstoffen und Lärm, beiträgt. Im Bereich der Infrastrukturen bestehen hier
erhebliche Einwirkungsmöglichkeiten. Dies betrifft die Gewährleistung eines
verlässlichen und kund*innengerechten Öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs
ebenso wie die Verringerung von Individualtransporten beispielsweise durch den
Ausbau der Eisenbahninfrastruktur. Wir sehen zugleich, dass die Industrie und im
Besonderen viele Handwerks-, Dienstleistungs- und Logistikunternehmen beim
Transport auf die Nutzung motorisierter Fahrzeuge angewiesen sind. Dem Umstieg
auf effiziente vollelektrische Fahrzeuge für Arbeitsmaschinen und den Fahrzeugen
wollen wir den Weg bereiten und gleichzeitig offen dafür sein, falls
technologische Entwicklungen einen effizienten und logistisch sinnvollen Einsatz
wasserstoffbasierter Antriebslösungen in einzelnen Sektoren nahelegen. Der
Aufbau einer entsprechenden Ladeinfrastruktur ist dafür unerlässlich –
insbesondere in den ländlichen Regionen. Für das Gelingen der Antriebswende muss
die preisliche Attraktivität der E-Mobilität gegenüber fossil angetriebenen
Fahrzeugen weiter gesteigert werden. Dafür wollen wir den Erfahrungssprung und
die Kompetenzen Sachsens als Vorreiterstandort der Elektromobilität nutzen und
weiter ausbauen.
Digitalisierung und Digitalwirtschaft
Wir wollen die Chancen der Digitalisierung für Teilhabe und wirtschaftliche
Entwicklung nutzen und digitale Prozesse fruchtbar machen: für eine nachhaltige
Gestaltung unserer Gesellschaft in Feldern wie der dezentralen Produktion von
Energie, systemdienlicher und nutzenorientierter Mobilitätssysteme, Kooperation
ländlicher und urbaner Räume oder politischer Transparenz und Teilhabe. Die
Beschleunigung von Verwaltungshandeln durch die Vereinheitlichung und
Digitalisierung von Verfahren betrachten wir ebenso wie die flächendeckende
Bereitstellung von leistungsstarker digitaler Infrastruktur als wichtige
Voraussetzungen für eine moderne wirtschaftliche Entwicklung. Für uns gilt, die
laufenden Prozesse der Digitalisierung gezielt im Sinne der Gesellschaft
auszurichten. Wir fördern die Entwicklung der Digitalwirtschaft unter
konsequenter Bewahrung von Freiheits- und Bürgerrechten und unter Ausschluss von
Diskriminierung durch algorithmische Datenverarbeitung. Digitale Prozesse und
Produkte sind transparent zu gestalten und auf der Basis offener Standards zu
entwickeln, um die Souveränität der Bürger*innen und Gesellschaft zu stärken.
Bürokratieabbau als Garant für Investitionen
Verwaltungsverfahren müssen so schnell wie möglich und so genau wie nötig
durchgeführt werden. Wesentlich ist dabei, dass Antragssteller*innen die
Ausgestaltung der Verfahren als partizipativ und nicht als hemmend oder
verhindernd empfinden. Möglich wird dies beispielsweise durch einheitliche
Ansprechpartner*innen, Lotsendienste oder aber auch durch die Nutzung digitaler
Möglichkeiten, die den Datenaustausch zwischen den Beteiligten sicherstellen und
gleiche Informationen, die für verschiedene Teilbewertungen notwendig sind, nur
einmal zu übermitteln.
Unter BÜNDNISGRÜNER Regierungsbeteiligung hat der Freistaat Sachsen unter
anderem eine Veränderung seiner Förderpolitik angestoßen, die Bürokratieabbau
als zentrales Element beinhalten wird.
Erneuerbare Energien als Standortfaktor
Erneuerbare Energien sind ein entscheidender Standortfaktor. Bereits heute
entscheiden deren Verfügbarkeit und der verbindlich geplante Ausbau über die
Ansiedlung neuer und den Erhalt bestehender Produktionsstätten. Gerade
energieintensive Unternehmen benötigen in großem Umfang Strom und Wärme.
Planungssicherheit ist dabei von zentraler Bedeutung. Erneuerbare Energien sind
die einzigen Energieträger, die dauerhaft zu günstigen Preisen, klimaneutral und
unabhängig von internationalen Rohstofflieferungen bereitstehen. Wirtschafts-,
Energie- und Klimapolitik müssen daher zukünftig noch stärker gemeinsam gedacht
werden.
Wichtige gesetzliche Weichen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien sind
bereits neu gestellt. Sachsen hat nun die Chance seinen Standortnachteil durch
den bisher verschlafenen Ausbau auszugleichen, um weiter Energie- und
Industrieland zu bleiben. Dazu braucht es ein klares Bekenntnis zur Energiewende
im gesamten demokratischen Spektrum der sächsischen Politik, um das Vertrauen
der Wirtschaft zu stärken und langfristige Investitionssicherheit herzustellen.
Um ein zielgerichtetes energie- und klimapolitisches Handeln hin zur
Klimaneutralität in den nächsten Jahren zu ermöglichen, müssen dringend
Szenarien für die notwendige Transformation der sächsischen Energieversorgung
erarbeitet werden. Die Szenarien müssen konkrete verbindliche Zielkorridore für
den Ausbau verschiedener regenerativer Stromerzeugungstechnologien, die
Installation von Speichern, den notwendigen Netzausbau, den Hochlauf der
Wasserstoffwirtschaft sowie Aspekte der Sektorenkopplung (insbesondere
Wärmepumpen und E-Mobilität) beinhalten und sich an den konkreten Bedürfnissen
von Bürger*innen und Unternehmen ausrichten. Die Szenarien müssen
selbstverständlich im Einklang mit nationalen und internationalen
Klimaschutzbestrebungen sein. Die Festlegung eines solchen Transformationspfades
schafft Vertrauen in die Stabilität von Rahmenbedingungen und erhöht somit die
Planungssicherheit für die Akteur*innen der Energiewende: Privatpersonen,
Mieter*innengemeinschaften, Kommunen, Firmen, die für den Eigenverbrauch
produzieren und Überschüsse einspeisen ebenso wie
Bürger*innenenergiegenossenschaften und klassische
Energieversorgungsunternehmen. Besonders wichtig ist hierbei, der Vielfalt der
Akteur*innen attraktive und faire Bedingungen zu bieten, damit die Energiewende
ihr Potenzial zur Demokratisierung, Dezentralisierung und damit Stabilisierung
unserer Energieversorgung entfalten kann. Gleichzeitig ist der
Transformationspfad die Messlatte für das Erreichen der Energiewende- und
Klimaschutzziele. Somit muss sichergestellt werden, dass die bestehenden
gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie z. B. Flächenverfügbarkeit und Dauer von
Genehmigungsverfahren, den Transformationspfad ermöglichen. Bei Zielabweichung
müssen entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen und Hemmnisse schnellstmöglich
beseitigt werden.
Wasser als industrierelevante Ressource
Moderne Industrien, insbesondere im Bereich der Halbleiterproduktion, sind in
hohem Maße wasserintensiv. Sie verbrauchen Wasser und produzieren Abwasser in
erheblicher Menge. Am Wasserhaushalt macht sich der fortschreitende Klimawandel
hier vor Ort deutlich bemerkbar: langanhaltende Dürre und kurze, heftige
Unwetterereignisse treten auch in Sachsen immer häufiger auf. Die sichere
Bereitstellung von Frischwasser und die sachgerechte Aufbereitung und Ableitung
von Abwässern werden auch für die Wirtschaft zu immer bedeutenderen
Standortfaktoren und Infrastrukturanforderungen. Dieser zunehmenden
Herausforderung müssen wir uns stellen und die „Grundsatzkonzeption öffentliche
Wasserversorgung 2023 für den Freistaat Sachsen“ mit Leben füllen und umsetzen.
HOHE STANDARDS BEI ÖFFENTLICHER VERGABE UND FÖRDERUNG
Im Rahmen einer funktionierenden Ordnungspolitik kann der Staat als
wirtschaftspolitischer Akteur bei entscheidenden Weichenstellungen eine zentrale
Funktion einnehmen. Staatliche Investitionen oder Beschaffungen müssen als
Initialzündungen für nachhaltige, zukunftsfähige und resistente Güter oder
Methoden dienen und zu ihrer Marktreife beitragen. Auch direkte Zuschüsse an
Unternehmen können in der richtigen Ausgestaltung zur Erreichung unserer
ökologischen, ökonomischen und sozialen Ziele beitragen. Ziel dieser Aktivitäten
ist die Entwicklung ressourcen- und klimaschonender Technologien und Produkte.
Beschaffungspolitik als Steuerungselement
Öffentlichen Finanzmitteln kommt eine Steuerungsfunktion zu. Der Wert des
Beschaffungsvolumens öffentlicher Stellen beträgt ca. zehn Prozent des
Bruttoinlandsproduktes, wodurch auf den öffentlichen Auftraggeber eine hohe
Marktmacht entfällt. Diese ist im Sinne der gesellschaftlichen Zielsetzung
ökologischer, sozialer und krisenfester Märkte einzusetzen. Es ist für die
Menschen und die Unternehmen des Landes ein Verlust, wenn Steuergeld in
veralteten fossilen Technologien des letzten Jahrhunderts versenkt wird. Deshalb
gilt es weiterhin, ambitioniert an einer gesetzlichen Grundlage zur Vergabe
öffentlicher Gelder zu arbeiten und diese zeitnah in die Umsetzung zu bringen.
Eine moderne Vergabepolitik orientiert sich dabei an den besten ökologischen und
sozialen Standards sowie dem Kriterium der Tariftreue und kann damit
entscheidend zur Entwicklung einer resilienten Wirtschaftsstruktur und gerechter
wirtschaftlicher Teilhabe im Freistaat beitragen.
Förderpolitik als zentraler Hebel
In einem marktwirtschaftlichen Umfeld ist die staatliche Förderpolitik dann ein
zentraler Hebel, wenn sie in der Lage ist, aktuelle Trends zu erkennen und im
Hinblick auf die verfolgten gesellschaftlichen Ziele zu verstärken. Dafür ist
wichtig, dass staatliche Fördermaßnahmen an Unternehmen Anforderungen erfüllen,
insbesondere mit Blick auf den entscheidenden Grundsatz der Gleichbehandlung.
Durch eine fehlgeleitete oder undurchdachte Förderpolitik hingegen können
eigentlich nicht tragfähige Geschäftsmodelle verstetigt werden und damit
Gewöhnungseffekte eintreten. Diese verdrängen wettbewerbsfähigere Unternehmen
und verschwenden wertvolle Ressourcen. Auf der anderen Seite setzen sich
wirklich bahnbrechende Innovationen regelmäßig nicht allein über
marktwirtschaftliche Mechanismen durch. Sie müssen erst politisch flankiert
werden.
Investitionen in vollkommen neue, innovative Bereiche, sogenannte
Pionierinvestitionen, insbesondere im Bereich des Mittelstandes, sind der Garant
für eine gute wirtschaftliche Entwicklung – auch im Freistaat Sachsen. Diese
Pionierinvestitionen müssen wir gerade in der Anlaufphase unterstützen. Denn so
entstehen nicht nur international konkurrenzfähige Produkte, sondern auch
innovative Wertschöpfung in unserer Region.
Das logische Ziel jeder wirtschaftlichen Förderpolitik ist das gute, bezahlbare
Leben für alle Bürger*innen im Freistaat. Vor allem wenn es um strukturschwache,
wirtschaftlich immer noch fossilgeprägte Regionen wie die Oberlausitz geht,
reichen nicht einfach Pionierinvestitionen in neue Unternehmen. Um beim
kommenden Strukturwandel in ganz Sachsen massiver Arbeitslosigkeit,
Radikalisierung und weiterer Landflucht vorzubeugen, benötigen wir eine
proaktive soziale Arbeitsmarktpolitik. Dafür sind alle Instrumente in den Blick
zu nehmen.
Staatliche Forschungsförderung
Die sozial-ökologische Transformation unserer Wirtschaft kann nur gelingen, wenn
wir den Umstieg auf Erneuerbare Energien mit Versorgungssicherheit und
Bezahlbarkeit verbinden und wenn wir die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen
so effizient wie möglich nutzen. Wenn wir es schaffen, die dazu notwendigen
Innovationen zu entwickeln, haben wir die Chance, eine verwurzelte, tragfähige
und leistungsfähige Wirtschaftsstruktur aufzubauen. Dabei ist es wichtig, Trends
im Auge zu behalten und auf ihre Möglichkeiten für das Gelingen der ökologischen
Transformation abzuklopfen. Das betrifft vor allem aktuelle Innovationstreiber
wie Techniken der Künstlichen Intelligenz, der Kybernetik und der Bionik, die
Nutzung von Wasserstoff und anderer grüner Energieträger, die E-Mobilität sowie
die Übertragung, Verteilung und Speicherung Erneuerbarer Energien, Nutzung
nachwachsender Roh- und Werkstoffe, Nutzung der 3D-Drucktechnik und nicht
zuletzt die Biotechnologie.
Dazu braucht es kontinuierliche Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen im
Grundlagen- und Anwendungsbereich, insbesondere bei den Unternehmen selbst, die
staatlicher Förderung bedürfen.
Das schließt auch temporäre gesellschaftsrechtliche Beteiligungen oder andere
direkte Förderungen von Unternehmensgründungen oder –wachstum mit ein. Das
passiert schon heute, wir müssen dabei allerdings mutiger werden und dürfen
kurzfristige Mehraufwände nicht scheuen, da ein Erfolg innovativer Ideen unsere
Gesellschaft und Wirtschaft entscheidend voranbringen wird. Beim Betreten von
Neuland ist der richtige Umgang zentral. Dieser muss Erfahrungen und
Erkenntnisse sammeln und für andere Projekte nutzbar machen.
Sachsen verfügt bereits jetzt über eine leistungsstarke Forschungslandschaft,
die weiterhin finanziell gefördert werden soll. Wir wollen die Wissenschaft aber
auch stärker mit der Wirtschaft verzahnen und dafür sorgen, dass das
wirtschaftliche Potenzial von Forschungsvorhaben und Ideen voll ausgeschöpft
wird. Dazu unterstützen wir den Gründungsgeist unter Forschenden und schaffen
die notwendigen Voraussetzungen. Klar ist: wir brauchen weiterhin starke und
erfolgreiche Unternehmen im Freistaat Sachsen. Wir als BÜNDNISGRÜNE wollen alle
wirtschaftlichen Akteur*innen bei der ökologischen Transformation unterstützen.
Das Ziel BÜNDNISGRÜNER Wirtschaftspolitik
Wir setzen uns das Ziel, die Generierung von Wohlstand von der Überbeanspruchung
der planetaren Ressourcen zu entkoppeln. Dafür brauchen wir starke und
erfolgreiche Unternehmen und von uns zu schaffende geeignete Rahmenbedingungen
und Förderungen zur Unterstützung der ökologischen Transformation. Je früher die
Anpassung unserer Industrie- und Wirtschaftspolitik an die Herausforderungen des
21. Jahrhunderts gelingt, desto größer werden Wachstumspotenziale,
Profitabilität und globale Strahlkraft unserer sächsischen Unternehmen. Diese
Transformation der sächsischen Wirtschaft zu Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit,
Effizienz und Krisenfestigkeit wollen wir gemeinsam mit allen sächsischen
Unternehmen zum Erfolg führen.
Begründung
erfolgte mündlich